Aufrechterhaltung der Sonderschulen

Die rot-schwarze Bundesregierung plant im Rahmen ihrer vielfach kritisierten Bildungsreform, Sonderschulen bis 2020 zu einem Auslaufmodell werden zu lassen. Geht es nach den Vorstellungen von Bildungsministerin Sonja Hammerschmid, sollen die Sonderschulen sukzessive abgeschafft werden. „Mittelfristig ist es das Ziel, so steht es auch im Regierungsübereinkommen, dass wir keine Sonderschulen mehr brauchen”, gab Hammerschmid im Jänner dieses Jahres in einem Interview bekannt. Im Jahr 2020 soll diese Schulform die Ausnahme darstellen und die derzeit dort lernenden Kinder mit besonderen Bedürfnissen in sogenannten „inklusiven Mittelschulen“ untergebracht werden.

Im Schuljahr 2015/16 wurden österreichweit 30.701 Schüler mit besonderem Förderbedarf – davon 3.323 alleine in der Steiermark – unterrichtet. Vor dem Hintergrund, dass die Zahl an Kindern mit sonderpädagogischem Förderbedarf (SPF) kontinuierlich steigt und auch die Nachfrage an entsprechender Betreuung in speziellen Bildungseinrichtungen ungebrochen hoch ist, scheint dieser Plan mehr als hinterfragenswert.

In sonderpädagogischen Schulen wird je nach Beeinträchtigung der Kinder ein entsprechender Unterrichtsplan erstellt und von speziell geschultem Lehrpersonal unterrichtet. Diese können individuell auf die Bedürfnisse der Schüler eingehen, ihnen besondere Unterstützung bieten und die erforderliche Aufmerksamkeit schenken. Viele Eltern von Kindern mit Behinderung fürchten nun, dass diese im gemeinsamen Unterricht mit Schülern ohne speziellen Förderbedarf zu kurz kommen könnten. Wenn besondere Unterschiede nunmehr ausgeblendet und nicht mehr als solche benannt werden dürfen, so werden auch die Bedürfnisse der Schüler unsichtbar. Kinder, auch jene mit mehrfachen oder schweren Behinderungen, werden der Anerkennung ihrer speziellen Situation und folglich auch ihres Rechts auf speziellen Unterricht beraubt.

Bislang hatten Erziehungsberechtigte nach § 8a Schulpflichtgesetz (SchPflG) die Möglichkeit, selbst zu wählen, ob sie ihren Nachwuchs in einer Integrations- oder Sonderschule unterbringen möchten. Mit der Umstellung auf reine Integrationsklassen würde man sie dieser Wahlfreiheit berauben. Damit einhergehend würde den betroffenen Kindern das Recht genommen werden, ihre Schulpflicht gemäß § 8b SchPflG in einer ihrer Behinderung entsprechenden Sonderschule oder Sonderschulklasse erfüllen zu können.

Aus diesem Grund muss, neben dem Weiterbestehen von Integrationsklassen, ein bedarfsgerechtes Angebot an Sonderschulen und Sonderschulklassen unbedingt gewährleistet werden. Dabei handelt es sich nicht um ein „Entweder-oder“, sondern um ein „Sowohl-als-auch“. Es geht hier um Kinder, die besondere Bedürfnisse haben. Entsprechend ihres verschiedenartigen Förderbedarfs benötigen sie auch unterschiedliche Unterstützung. Für die einen eignen sich Integrationsklassen, für die anderen sind Sondereinrichtungen der bessere Weg. Bei allen Neuerungen oder Änderungen im Bildungsbereich muss das Kindeswohl absolute Priorität haben.

Die Vollversammlung der Kammer für Arbeiter und Angestellte für Steiermark fordert die Steiermärkische Landesregierung auf, sich für den Erhalt von Sonderschulen in der Steiermark auszusprechen und mit der Forderung an die Bundesregierung heranzutreten, den Fortbestand dieser Schulform sicherzustellen.