Vorrang für österreichische Arbeitnehmer – Schutzklausel für den heimischen Arbeitsmarkt
an die 166. Tagung der Vollversammlung der Kammer
für Arbeiter und Angestellte für Wien
Die 166. Tagung der Vollversammlung der Kammer für Arbeiter und Angestellte für Wien beschließt, sich zum Schutz Ihrer Mitglieder dafür einzusetzen, dass die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz ersucht wird, dem Parlament eine Gesetzesvorlage zuzuleiten, die jene Punkte im Arbeitsmarkt- und Sozialrecht umsetzt, die im sogenannten Burgenländischen Modell, auf der Grundlage des dazu beschlossenen Resolutionsantrags beinhaltet sind.
Begründung:
Der Arbeitsmarkt in Österreich ist an einem Scheideweg angelangt. Die Arbeitslosenzahlen sind speziell im letzten Jahr besorgniserregend gestiegen, mit Tendenz nach oben. „Um das Gefüge in unserem Sozialstaat nicht zu gefährden, müssen jetzt entsprechende Maßnahmen gesetzt werden!“,
Die Tatsache, dass rund um Österreich zahlreiche Menschen leben, die Aufgrund der Arbeitnehmerfreizügigkeit auf den österreichischen Arbeitsmarkt drängen, sorgt für enorme Kosten für den Sozialstaat. Da das durchschnittliche Lohnniveau in diesen Ländern um zwei Drittel niedriger ist als in Österreich, wird sich an dieser negativen Entwicklung der vergangenen Jahre auch nichts ändern. Die Voraussetzungen für einen ausbalancierten gemeinsamen Arbeitsmarkt sind daher noch immer nicht gegeben. Die Prognosen bezüglich eines gemeinsamen Arbeitsmarktes die auch damals von AK propagiert wurden, haben sich als falsch erwiesen. Wir brauchen nun neue Schutzklauseln für den heimischen Arbeitsmarkt. Besonders in den Bereichen, wo die Arbeitslosigkeit besonders hoch ist, wie etwa im Bau- und Baunebengewerbe, aber auch in anderen Branchen. Im Konkreten bedeutet das eine temporale und sektorale Beschränkung der europaweiten Personenfreizügigkeit. Mit dieser Resolution soll nun die Bundesregierung aufgefordert werden, Gespräche auf europäischer Ebene zu führen, um eine neue Schutzklausel schnellstmöglich zu erwirken. Kein westeuropäisches Land in der EU hat mehr osteuropäische Nachbarn als Österreich. Diese Exponiertheit am europäischen Arbeitsmarkt mit einer Million potentiellen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer aus den angrenzenden Nachbarstaaten erfordert auch Ausnahmeregelungen.
Weitere Forderungen an die Bundesregierung sind Einschränkungen im Sozialsystem für ausländische Arbeitnehmer, verschärfte Maßnahmen gegen Lohn- und Sozialdumping, die Aufstockung der Finanzpolizei, Sozialversicherungsbeiträge für die in Österreich erworbenen Entgelte, geringer Familienbeihilfe für Kinder, die nicht in Österreich leben und aufwachsen.
Im Anhang und ergänzend, die im sogenannten Burgenländischen Modell beschlossenen Forderungen:
1) Neue Schutzklausel für den heimischen Arbeitsmarkt
In Bereichen, wo die Arbeitslosigkeit besonders hoch ist, etwa im Bau- und Baunebengewerbe, aber auch in anderen noch zu definierenden Branchen, muss es temporale und sektorale Beschränkungen der europaweiten Personenfreizügigkeit geben. Dies soll mit einer neuen „Schutzklausel“ umgesetzt werden, der eine Änderung des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union zu Grunde liegen muss. Wir fordern die Bundesregierung auf, Gespräche auf europäischer Ebene zu führen, um eine neue Schutzklausel schnellstmöglich zu erwirken.
Argumentationsgrundlage für Verhandlungen auf europäischer Ebene:
• Besondere geografische Lage Österreichs
Kein westeuropäisches Land in der EU hat mehr osteuropäische Nachbarn als Österreich. Diese Exponiertheit am europäischen Arbeitsmarkt mit einer Million potentiellen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer aus den angrenzenden Nachbarstaaten erfordert auch Ausnahmeregelungen.
• Prognosen nicht eingetroffen
Jegliche Prognosen und Studien zur Entwicklung der Arbeitsmarktöffnung waren Fehleinschätzungen. Daher muss es auch möglich sein, Positionen bzw. Vereinbarungen neu zu definieren bzw. zu adaptieren.
2) Verschärfung der arbeitsrechtlichen Gleichstellung ausländischer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer
Das Entsenden von Arbeitskräften ausländischer Firmen muss ebenfalls eingeschränkt werden. Ausländische Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer müssen in Österreich nach österreichischen Kollektivverträgen entlohnt werden. Der Anwendungsbereich der Entsenderichtlinie muss zudem erweitert werden.
Das Prinzip „gleicher Lohn für gleiche Arbeit am gleichen Ort“ muss lückenlos gelten, natürlich auch unter Einbeziehung aller Sozialversicherungsbeiträge.
3) Einschränkungen im Sozialsystem für ausländische Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer
Wir verzeichnen in Österreich eine Rekordarbeitslosigkeit. Zudem wird der Druck auf den heimischen Arbeitsmarkt aufgrund der Flüchtlingszahlen in Österreich kontinuierlich steigen. Nationale und regionale Interessen sollten aufgrund dieser Entwicklung wieder stärker im Vordergrund stehen. Ein ausländischer Arbeitnehmer soll künftig für seine nicht in Österreich lebenden Kinder eine geringere Familienbeihilfe beziehen, als für Kinder, die in Österreich leben und aufwachsen. Deshalb fordern wir partielle Einschränkungen und Ausnahmeregelungen beim Zugang zum Sozialsystem für ausländische Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer.
4) Maßnahmen gegen Lohn- und Sozialdumping und neues Vergaberecht
Das Lohn- und Sozialdumping-Bekämpfungsgesetz zielt vor allem auf ausländische Unternehmen, die in Österreich mit Hilfe von Dumpinglöhnen Leistungen billig anbieten können, ab. Mit dem Gesetz will man ungesetzliche Beschäftigungsverhältnisse eindämmen, die etwa durch Firmen verursacht werden, die ihren Sitz nicht in Österreich haben. Wir fordern eine Verschärfung des Lohn- und Sozialdumpinggesetzes und eine strenge sowie lückenlose Anwendung des neuen Vergaberechts nach dem Bestbieterprinzip.
5) Aufstockung von Finanzpolizei und Finanzprüfer
Im Burgenland gibt es derzeit 18 Finanzpolizisten. Wir brauchen mehr Kontrollen der Finanzpolizei und eine schnellere Finanzprüfung gegen Lohn- und Sozialdumping. Aufgrund dessen muss umgehend mehr Personal seitens des Finanzministeriums zur Verfügung gestellt werden. Wir fordern eine rasche Aufstockung auf 50 Finanzpolizisten im Burgenland.
6) Moralische Verantwortung für österreichische Unternehmen
Hinter jedem ausländischen Facharbeiter, der in Österreich beschäftigt ist, steht ein österreichischer Unternehmer. Wir fordern, dass die österreichischen Unternehmen, ihre moralische Verantwortung wahrnehmen, in erster Linie in Österreich arbeitslos gemeldete Menschen einzustellen.
7) Ausschluss von öffentlichen Aufträgen
Unternehmer, die sich durch Lohndumping einen ungerechtfertigten Wettbewerbsvorteil gegenüber ihren korrekt handelnden Mitbewerbern verschaffen, sind von allen öffentlichen Aufträgen auszuschließen.
8) Lehrausbildung forcieren
Wer selbst keine Lehrlinge ausbildet, darf sich nicht wundern, dass er später keine Facharbeiter hat. Im Burgenland nimmt die öffentliche Hand ihre Verantwortung wahr, Land und landesnahe Betriebe sind zum größten Lehrlingsausbilder geworden. Das Netz der Lehrwerkstätten im Burgenland ist dicht geknüpft. Wir fordern, dass die österreichische Wirtschaft die gesellschaftliche Verpflichtung wahrnimmt, für die Lehrausbildung von jungen Menschen zu sorgen.